30 Jahre später ist die Begeisterung für die Band ungebrochen, so dass sich die ursprünglichen Mitglieder Mark Farner (g, harp, keyb, voc), Don Brewer (dr, voc) und Mel Schacher (b) entschliessen, aus dem reichlich vorhandenen Material der 1971 USA-Tour ein weiteres Album zu kreieren.
So beginnt das Intro mit "Also sprach Zarathustra", wechselt zu einer kurzen Ansage und dann startet die Lokomotive mit Karacho durch!
GFR standen für einen völlig eigenständigen Sound. In sparsamster Besetzung realisierten sie einen harten Rock, dessen Ausschmückungen jederzeit die Wurzeln von Soul, Funk und Boogie erkennen liessen. Typisch für GFR war vor allem bei Liveversionen, innerhalb eines Songs zwei drei Melodiemuster in diversen Varianten zu wiederholen und so den Wiedererkennungswert sehr stark zu erhöhen.
Gleich beim ersten Song "Are You Ready" ist der Titel Programm, GFR rocken ihn sehr hart, dadurch wird er besser als die Studiofassung. Ohne großen Übergang geht es jeweils in die nächsten Stücke "Footstompin Music" sowie "Paranoid" (einer der Höhepunkte). Hier zeigt sich der Verzicht auf helfende Gastmusiker sehr positiv, denn Mark, Don & Mel besitzen die Fähigkeit, die nur als Trio zur Verfügung stehenden Mittel so gekonnt einzusetzen, dass ein sehr fülliger und abwechslungsreicher Sound entsteht. Bass und Drums sind keine nur-helfenden Füllsel für Mark, sondern eigenständige und gleichberechtigte Instrumentierungen, die ihre Akzente setzen.
Die drei folgenden Titel Closer To Home, Hooked On Love und Get It together bieten einen hohen Soul-Anteil und sind -für GFR-Maßstäbe- ruhiger.
Danach wird jedoch die zweite Stufe gezündet und die drei Jungs mutieren zum Trio Infernale. Mit Donnerhall braust die Lok mittels T.N.U.C. und Inside Looking Out über die Köpfe der Hörer hinweg. Alleine diese beiden Tracks sind zusammen 33 Minuten(!) und beweisen drei Dinge:
a) bei den Longtracks wurde nicht irgendwie blind rumgejammt, sondern auch der "ausufernde Teil" war ganz offensichtlich durcharrangiert. Und gerade hier wird die Gitarre zugunsten der beiden Mitmusiker deutlich zurückgenommen.
b) Das Verständnis der Musiker untereinander war geradezu beängstigend gut. Es gibt keinen unpassenden Basslauf, kein Drumhit sitzt an der falschen Stelle, die Gitarre macht keinen unpassenden Mucks, die Songs kommen sehr sehr sauber rüber.
c) als Ergebnis von a und b werden die Songs trotz ihrer Länge niemals langweilig.
Die letzten beiden Tracks Gimme Shelter (das Cover erarbeitete sich quasi den Status eines Originals!) und Into The Sun sind bereits Zugaben zum Konzertende und speziell beim letztgenannten Song bringen alle drei Musiker nochmals gleichberechtigt ihre Klasse ein, das Stück pumpt & grooved konsequent nach vorne.
Durch die späte Publikation und das zuvor erfolgte Remastering ist der Sound für nahezu 40 Jahre alte Aufnahmen erstklassig, technisch ist das Album sozusagen ein Abiturient und das schwarze Album dagegen ein Sonderschüler...
Live 1971 wird dennoch nie mehr den Kultstatus des schwarzen Album erzielen und die Hörerschaft für diese Art Musik stagniert bzw. schrumpft seit Jahren. So bleibt dieses Werk eine kleine Perle des harten 70er-Rocks made by GFR für eine begrenzte Anzahl Verschworener und Wissender...
